Yulia oder Vivian Vaine? „Ich bin irgendwie beides“,
erklärt sie. Daher nennen wir hier sowohl ihren
richtigen Namen, Yulia, als auch ihr Pseudonym.
Ihr Outfit wählt Yulia je nach Stimmung und je
nachdem, was sie gerade ausdrücken möchte. Wenn sie
sich nicht richtig wohl fühlt, zieht sie sich auch eher
schlicht an. Wenn sie allerdings gut drauf ist, dann
mag sie es sehr, sich richtig „aufzuhübschen“, erzählt
Yulia. Mit ihrer Kleidung drückt sie sich gerne ganz
unterschiedlich aus und zeigt sich immer wieder
anders. Mal männlicher, mal weiblicher, mal
sportlicher, oder auf aufwändiger und unbequemer.
Zum Beispiel hat Yulia früher auch privat gerne
Korsetts getragen, jetzt ist sie davon wieder etwas
weggekommen. Aber ihre Outfits sind für Yulia das,
womit sie sich ausdrückt.
Wenn sie Latex trägt, wie auf dem einen der beiden
Fotos zu sehen ist, fühlt Yulia sich auf jeden Fall
anders. „Latex ist ein besonderes Material, das ich jetzt
nicht jeden Tag trage“, erklärt sie. Wenn Yulia es trägt,
dann verwandelt sie sich beruflich in die Domina oder
besucht privat Fetischpartys.
Die Gothicszene entdeckte die gebürtige Russin, als sie
im Alter von knapp 16 Jahren mit ihren Elternhaus
Sankt Petersburg nach Deutschland kam. Davor hatte
sie zwar schon Musik aus der dunkleren Richtung
gehört, aber „so etwas wie Gothic kannte ich in dem
Sinne nicht“. Auch den Stil gab es in Russland damals
so nicht, erzählt Yulia. Allerdings hat sie sich
unbewusst bereits in jüngeren Jahren schon immer zur
dunklen Seite hingezogen gefühlt, auch in der
Literatur. Edgar Allan Poe hat sie zum Beispiel
begeistert gelesen.
Ihren ersten Kontakt zur Gothicszene in Deutschland
hatte Yulia in Leipzig, wo sie zuerst gelebt hat. Hier sah
sie plötzlich viele Leute, die im Gothic-Stil gekleidet
waren, und war fasziniert. „Ich dachte zuerst, da wird
ein Film gedreht“, lacht sie. Die Menschen in den
schwarzen, viktorianischen Outfits fand sie
wunderschön, konnte sie aber nicht richtig
einordnen. Das kam dann mit der Zeit, als sie sich mehr
damit beschäftigte und sich mit der Musik und der
schwarzen Kultur auseinandersetzte. Nach ihrer ersten
Gothicparty, etwas später mit Freunden in Osnabrück,
blieb sie dabei. Die Texte der neu entdeckten Musik,
zum Beispiel Bands wie Lacrimosa, halfen Yulia dabei,
Deutsch zu lernen. Endlich fühlte sie sich in
Deutschland auch integriert, sie war in ihrer ganzen
Lebenseinstellung in der schwarzen Szene
angekommen. Eigentlich wollte Yulia mit 18
Deutschland wieder verlassen und zurück in ihre
Heimat, weil sie sich nicht wirklich angekommen
fühlte. In der Gothic-Szene hat sie aber letztendlich
ihre Heimat gefunden. „Goth ist man, und dann ein
Leben lang, oder man ist es eben nicht“.