Claudia: „Es war immer viel Dunkelheit in meinem Leben“
Claudia lebt heute ganz in schwarz. Im Alltag cool und
modern, zu besonderen Anlässen macht sie eine
Zeitreise ins viktorianische Zeitalter.
Das war nicht immer so: Bis zum Abitur kleidete sie
sich bunt. Heute erinnert sie sich aber, dass sie die
„dunklere“ Musik immer schon mochte, zum Beispiel
Depeche Mode, Sisters of Mercy oder Camouflage. „Das
war Musik, die mich immer schon angesprochen hat,
ich habe das aber noch nicht verknüpft“, erzählt sie.
Erst ab dem Ende ihrer Schulzeit kam das dann
fließend, sie fand immer mehr zu ihrem eigenen Stil.
Ein besonders prägender Moment war, als Claudia aus
einem Sommerurlaub zurückkam und sie mehrfach auf
ihre immer noch helle und so gar nicht gebräunte Haut
angesprochen wurde. Sie wollte sich dazu nicht immer
wieder erklären, und damit wurde ihr klar: So ist sie
einfach, ihr Äußeres zeigt genau ihre Persönlichkeit.
Helle Haut und schwarze Kleidung. „Das war für mich
wie ein Befreiungsschlag!“ Aufgrund ihres Aussehens
wurde sie sowieso schon als Goth angesehen, jetzt
lebte sie das endlich auch aus.
Auch ein modischer „Ausreißer“, eine Zeit
zwischendurch, in der Claudia den Stil der 30er und
40er Jahren – in großer Bewunderung für Dita von
Teese - für sich entdeckte, konnte an ihrer dunklen
Seite nichts ändern. Sie fand wieder zurück zum
Gothic-Style, allerdings war ihr immer schon eines
wichtig: Anders zu sein als der Durchschnitt. „Die Leute
gucken und machen Sprüche, aber du kannst es selber
steuern. Du hast ja entschieden, wie du aussiehst. Das
fühlte sich gut an.“
Nach der Vintagephase, in der sie sich nicht
hundertprozentig wohl gefühlt hatte, war Claudia nun
in der Goth-Szene angekommen. Es passte alles: Die
Musik, die Optik – „es fühlte sich wie zuhause an!“ Sie
besuchte Konzerte von VNV Nation, the Mission, Sisters
of Mercy und vielen anderen, auf Festivals wie dem
Amphi ist sie regelmäßig zu sehen. In der Szene fühlte
sie sich nun angekommen und aufgehoben. Die
Vielfalt, die unterschiedlichen Menschen und die
Toleranz machen es für sie aus. „Jeder lebt sich aus,
jeder darf mutig sein und es ist absolut friedlich“.
Claudia hat selbst auch eine dunkle und traurige Seite
in sich, die aus ihrer Vergangenheit herrührt. Sie wuchs
mit jemandem aus ihrem engsten Umfeld auf, der
unter schweren Depressionen litt. Auch einen
Suizidversuch dieses engen Familienmitglieds musste
sie miterleben. „Es war immer sehr viel Dunkelheit in
meinem Leben“, erinnert sie sich. In der Goth-Szene
fühlte sie sich auch deswegen aufgenommen und
aufgehoben, da man dort auch Traurigkeit zeigen darf,
ohne dass man seltsam angeschaut wird. „Es war ein
umarmt werden“, beschreibt sie es. Nachdem sie viele
Jahre lang nach außen hin immer so getan hat als sei
alles in Ordnung, musste sie das nun nicht mehr.
Endlich konnte Claudia sie selbst sein und ihre
melancholische Seite zeigen.
Claudia zeigt sich auf beiden Bildern in schwarz. Auf
dem einen offenbart sie ihre Liebe zum viktorianischen
Zeitalter. Für die Kleider, die Rüschen und die
hochgeschlossenen Blusen hat sie schon lange eine
Schwäche. Zum Teil hat sie sich in den vergangenen
Jahren auch im Alltag mit viktorianischen Details
gezeigt. Sie ist großer Fan des mittlerweile
verstorbenen Modedesigners Alexander McQueen, der
oft mit viktorianischen Elementen gespielt hat.
Heute trägt sie es nur noch zu besonderen Anlässen,
zum Beispiel einem viktorianischen Picknick, wo sie
dann diese Seite von sich zeigt. Im Alltag trägt sie
ebenfalls nur schwarz, aber einen ganz anderen Stil,
wie auf dem ersten Foto zu sehen ist: Avantgardistisch
und edgy. Das passt für sie am besten, so zeigt sie
heute ihre Persönlichkeit - modern und cool.
Ob viktorianisch oder klassisch-cool: In der Goth-Szene
ist Claudia zuhause. „Man gehört zusammen, ich
gehöre dahin, und das ist gut so!“